• 14.11.2023

Pressemitteilung: „Ja heißt Ja“ wäre ein Meilenstein in der Strafverfolgung von Vergewaltigungen – doch der deutsche Justizminister will diesen historischen Schritt für Frauenrechte blockieren

Berlin, 14.11.2023. Heute verhandeln das europäische Parlament, die EU-Kommission und der EU-Rat über die neue EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Eine Entscheidung für die Richtlinie wäre nichts weniger als ein Meilenstein für Frauenrechte, für Betroffene von häuslicher und sexualisierter Gewalt in der gesamten Europäischen Union. Doch Bundesjustizminister Marco Buschmann vertritt die Auffassung, die EU habe dafür nicht die erforderliche Kompetenz. Das kann unserer Ansicht nicht der Grund sein, dass die deutsche Regierung Ihre Zustimmung zu dieser überaus wichtigen Änderung im Sexualstrafrecht verweigert. Dass aus rechtlicher Perspektive nichts gegen den Beschluss und die Umsetzung der Richtlinie spricht, haben bereits der juristische Dienst der EU-Kommission und JuristInnen des EU-Parlaments selbst, sowie juristische Verbände in Stellungnahmen zum Ausdruck gebracht. 

TERRE DES FEMMES hat daher einen Offenen Brief an Marco Buschmann geschickt. Die neue Regelung würde eine fundamentale Veränderung des gesellschaftlichen Denkens zu Vergewaltigungen bedeuten: Das bisherige Abwehrprinzip („Nein heißt Nein“) wird durch das Zustimmungsprinzip ersetzt, und verschiebt damit die Verantwortung von der betroffenen Frau weg und hin zum Täter. In einigen EU-Ländern gilt bis heute noch nicht einmal das Prinzip „Nein heißt Nein“, sondern die Frau muss nachweisen, dass sie sich körperlich gewehrt hat. „Ja heißt ja“ ist ein wichtiges Signal: eine Vergewaltigung ist nie die Schuld der Betroffenen. Und: die Verantwortung, sicherzustellen, dass Sex einvernehmlich ist, liegt bei allen Beteiligten. Nicht immer gelingt es den Betroffenen, körperlichen Widerstand zu leisten oder nein zu sagen. Betroffene leiden dann noch mehr an Scham- und Schuldgefühlen, die sie oft davon abhalten sich Hilfe zu suchen. Nur 15 % aller Vergewaltigungen werden angezeigt, und nur bei 7,5 % der Anzeigen kommt es zu einer Verurteilung. Viel zu selten trauen sich Frauen, sexualisierte Gewalt anzuzeigen, und sie haben dafür leider gute Gründe.

TDF fordert u.a.:

• psychosoziale Prozessbegleitung für Betroffene
• flächendeckende Möglichkeit zur vertraulichen Spurensicherung
• verpflichtende Fortbildungen zu geschlechtsspezifischer Gewalt für Angehörige der Polizei, Staatsanwaltschaft und Richterschaft 

Die Folgen einer Vergewaltigung sind gravierend. Die Betroffenen leben oft noch Jahre nach der Tat mit Ängsten, Schlafstörungen und weitreichenden psychischen Belastungen, bis hin zur Suizidalität. Eine Vergewaltigung richtet einen nicht wiedergutzumachenden Schaden an und ist daher unbedingt als schweres Verbrechen einzustufen und zu verfolgen. Die neue EU-Richtlinie würde für Millionen Frauen eine Stärkung ihrer Rechte bedeuten, und wäre ein enorm wichtiges gesellschaftliches Signal für die Länder der EU, und darüber hinaus!

Weiterführende Links

Offener Brief von TDF an Bundesjustizminister Marco Buschmann

Forderungen von TDF zum Thema sexualisierte Gewalt

Gemeinsamer Offener Brief zum Thema auf Initiative des Dt. Frauenrats und der European Women's Lobby

Liste mit Hilfsangeboten, Notfallnummern und Beratungsstellen

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